Ich bin der strahlende Morgenstern. (Offb 22,16)

Für den Monat Januar habe ich dieses Wort aus der Apokalypse ausgesucht. Es ist übrigens die unmittelbare Fortsetzung des Wortes vom letzten Monat (Ich bin die Wurzel und der Stamm Davids.), das uns eher auf das Alte Testament verwies, auf den Ursprung, der Christus letztlich selber ist, während wir jetzt den Blick auf die Zukunft mit Christus richten, zu der alle Menschen eingeladen sind.

An Weihnachten feierten wir, dass Gottes Liebe Mensch wird. Am Epiphaniefest am 6. Januar haben wir gefeiert, dass sie der Welt als solche erscheint, d.h. von den Menschen erkannt wird. Den Menschen geht ein Licht auf, es geht ihnen auf, was da eigentlich geschehen ist!

Die drei Weisen aus dem Morgenland vertreten die heidnische Welt, also die Welt außerhalb des Judentums, zu der die meisten von uns gehören. Damit ist klar: Die Botschaft gilt für die ganze Welt. Und wo sie einmal erkannt wird, ist sie nicht mehr aus der Welt zu schaffen.

Wenn im Buch der Apokalypse Christus sich selbst als der strahlende Morgenstern bezeichnet, inmitten von viel Dunkelheit, die die Menschen umgibt, dann will er damit sagen: Ihr seid nicht alleine. Ich weise euch den Weg. Ich bin eure Zukunft. Eure Nacht endet nicht im Nichts, nicht im ewigen Dunkel, sondern ICH BIN BEI EUCH und führe euch in einen neuen Morgen.“

Jesus Christus bezeichnet sich hier nicht als strahlende Morgensonne, sondern als strahlender Morgenstern. Warum? Die aufgehende Sonne würde doch besser zu ihm passen, und in der Tat ist Christus ja oft als die „Sonne des Heils“ bezeichnet worden! Nicht umsonst legte man das Weihnachtsfest ausgerechnet in die Zeit der Sonnenwende, wenn die Römer den „Sol invictus“, die unbesiegbare Sonne feierten. Christus wird also mit dieser unbesiegbaren Sonne verglichen. Warum dann hier das so bescheidene Bild des Morgensternes, nicht mehr als ein weißer Punkt am Nachthimmel, der zwar am Horizont strahlt, aber die Dunkelheit noch nicht vertreibt?

Mich erinnert das unwillkürlich an die Eucharistie. Auch wenn wir noch so sehr versuchen, mit glänzenden Strahlenmonstranzen, Kerzen und Blumen „nachzuhelfen“ – diese Art der Gegenwart Christi bleibt höchst bescheiden und „glanzlos“. Sie überwältigt nicht, sie lädt ein. Sie tritt auf unter den Bedingungen unseres Daseins, und lässt uns völlige Freiheit, ob wir uns auf diese Art des Entgegenkommens Gottes einlassen oder nicht. Ob wir seine unfassbare, Leib gewordene Liebe anbeten, die sich tief in unser Wesen einsenkt, oder lieber dabei bleiben, dass wir bloß ein nichtssagendes Stück Brot sehen und weiter unserer Wege gehen, als gäbe es diese Geste Gottes nicht.

Christus begegnet uns in einer Weise, die unsere Realität annimmt. Er sagt uns damit: „Ich bin bei euch, ich gehe mit euch. Ich bin euer Licht, euer Lebensbrot und euer Ziel. Er schaut uns an, aber er blendet uns nicht. Er lädt uns ein, aber er zwingt uns nicht. Er öffnet uns sein Herz, er überstrahlt uns nicht. Er klopft an und lässt sich von uns aufnehmen,  er verschafft sich nicht gewaltsam Zutritt in unser Leben. Das ist der einzige Grund, warum der Weg des Glaubens uns immer so viel Entscheidung abverlangt, oft unter Anstrengung, obwohl wir uns doch eigentlich geborgen wie Kinder und bedingungslos geliebt wissen dürfen. Das Entscheiden ist aber kein einsamer, verbissener Kraftakt, sondern ein Sich-Einlassen, eine Antwort auf sein Klopfen, ein Ausdruck der Freiheit.

Lassen wir uns ein auf eine so zarte Liebe, die dennoch nicht schwach ist, sondern das Potenzial des Urknalls und der Erneuerung der ganzen Schöpfung in sich trägt. Eine ganze Ewigkeit trägt sie in sich ­- ja, sie IST diese Ewigkeit!

 

    

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