Geheiligt werde Dein Name

Kaum ein Wort aus der Hl. Schrift drückt so treffend die Haltung der Anbetung aus, wie diese vier Worte aus dem Vaterunser: Geheiligt werde Dein Name. Sie gehören zu den am meisten gebeteten und am wenigsten verstandenen. Jesus sprach sie, als er seine Jünger beten lehrte, und sein eigenes Gebet zum Vater wird ähnlich gewesen sein. Seine Freunde und Jünger sprachen sie, die Christen aller Zeiten, Konfessionen, Länder und Kulturen sprachen und sprechen sie bis heute.

Wenn Gottes Name geheiligt werden soll in unserem Leben, müssen wir den Namen auch irgendwie kennen. Wie heißt Gott denn? Im Buch Exodus lesen wir es: „Ich bin der Ich-bin“. Oder auch: „Ich bin der Ich-bin-da.“ Beides ist wohl gemeint mit dem Namen Jahwe: Der Gott, der einfach IST, der er ist, und der als solcher da ist, gegenwärtig in unserem Leben, auf der Suche nach unserer Gemeinschaft.

Eines fällt gleich ins Auge, wenn wir in der Heiligen Schrift die Stellen betrachten, an denen von der Heiligung von Gottes Name die Rede ist: Wie in einem Atemzug ist dabei auch von der Befreiung des Menschen die Rede. Überzeugen Sie sich selbst! Das ist gleich am Anfang so, im Buch Exodus. Gott stellt sich mit seinem Namen vor, als Er dem Mose am brennenden Dornbusch seinen brennendsten Wunsch und Plan offenbart: das geknechtete Volk der Israeliten aus Ägypten zu befreien. Viel später wird das Neue Testament sagen: „Gott ist Liebe“. Gott kann nicht anders als leibhaftig Anteil zu nehmen am Schicksal seines geliebten Menschen. Nicht, weil Er es sich vorgenommen hat, sondern weil es sein Wesen ist! „Ich bin der ICH-BIN-DA“.

Es ist wohl kein Zufall, wenn im Vaterunser die Bitte um die Heiligung von Gottes Namen und die Bitte um unsere Befreiung den Rahmen der sieben Bitten dieses Grundgebetes der Christenheit bilden. Die Heiligung von Gottes Namen ist unsere Befreiung, die Befreiung des Menschen heiligt Gottes Namen in dieser Welt. Irenäus meint es wohl ähnlich, wenn er sagt: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch, das Leben des Menschen aber ist es, Gott wahrzunehmen.“ In diesem Rahmen ereignet sich unser Beten und Leben …

Gottes Name wird in unserem Leben geheiligt, wenn wir uns von Ihm befreien lassen, wenn wir ihm zutrauen, dass Er uns befreit. Wie aber kann ich mich befreien lassen? Und wovon? Oder besser: wozu?

Wozu befreit werden? Zu was möchten Sie denn befreit werden? Was soll in Ihrem Leben herausgeschält, freigesetzt, entfaltet werden? Was würden Sie gern an der Schwelle des Todes in die Ewigkeit mitnehmen –- das Eine Notwendige, das Sie dann gelebt haben wollen?

Wovon befreit werden? Was hindert Sie daran, das zu leben, was Sie zutiefst ersehnen? Wo haben Sie das Gefühl, irgendwie noch nicht Sie selber zu sein? Worüber stolpern Sie ständig?

Wie befreit werden? Eigentlich ist die Antwort auf die Frage, wie ich mich befreien lassen kann, sehr einfach: indem ich ganz schlicht darum bitte -– wie Jesus es lehrt. Und dann Augen und Ohren weit öffnen, um konkrete „Hilfsangebote“ im Alltag zu erkennen und anzunehmen, und mitgehen. Und ganz wichtig: dem, der mich befreien will, nicht davonlaufen! Immer wieder Zeit freihalten für Ihn! Aushalten bei ihm! Immer wieder hören auf sein Wort! Zulassen, dass Er mir nahe kommt…

Eucharistische Anbetung und Lectio Divina sind privilegierte Orte dafür. Warum? Weil ich mich dort nicht einfach nur irgendwie versenke, sondern weil ich mich dort dem Gott aussetze, der sich so weit hinausgelehnt hat, ja der so weit herabgestiegen ist, um mir zu begegnen und mich zu befreien. Ich sage zu diesem leibhaftig gegenwärtigen Gott wirklich DU! Ich sage es nicht nur, ich bin es immer mehr, dieses Wort: DU! –– dieses Seufzen nach Ihm. So wie auch Er in der Eucharistie sich nicht nur weit hinauslehnt, sondern ganz Hingabe ist. Und ich werde befreit zu mir selbst, bis ich – als sein Abbild – auch schlicht sagen kann: Ich bin der/die ich bin.“ Nur als solche/r kann ich dieses unfassbare DU Gottes, in Jesus Christus mir so nahe gekommen, anbeten.

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