Gedanken zum Adventskalender

Am 25. Dezember 354 wurde in der Kirche zum ersten Mal das christliche Weihnachtsfest liturgisch gefeiert. Die Christen wollten mit diesem Fest ihrem Glauben an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und ihrer Dankbarkeit und Freude über seine Geburt Ausdruck verleihen. Mit dem Fest der Geburt Jesu begann zunächst auch das neue christliche Jahr, dessen jeweilige Zahl sich ja bis heute auf Christi Geburt bezieht.

Doch die Christen empfanden zu Recht, dass man sich auf dieses große Fest auch vorbereiten müsse. Sie wollten den Mensch gewordenen Gott im jeweiligen Heute empfangen und ihm bewusst Wege bereiten, damit Er auch wirklich ankommen konnte in ihrem Alltag. So wurde eine ähnliche Vorbereitungszeit wie auf das Osterfest eingeführt. Zunächst dauerte sie ebenfalls 40 Tage, später nur drei bis vier Wochen, d.h. insgesamt vier Sonntage vor Weihnachten mit den entsprechenden Werktagen dazwischen bzw. nach dem 4. Sonntag bis zum Fest. Das neue Kirchenjahr begann nun nicht mit der Geburt Christi, sondern bereits mit dem 1. Adventssonntag.

Die letzte Woche vor dem Fest hatte noch einmal eine besondere Dynamik. Mindestens seit dem 7. Jahrhundert werden bis heute vom 17. bis zum 23. Dezember die sogenannten O-Antiphonen gesungen, an jedem Tag eine, die die Spannung vor dem Fest und die Sehnsucht nach dem Kommen Christi noch stärker zum Ausdruck bringen. Sie wurden und werden immer noch vor allen in den Klöstern gesungen, als Antiphonen zum täglichen „Magnificat“ in der Vesper, begleitet mit Glockengeläut.

In den Kirchengemeinden wurden im Advent zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest täglich Andachten angeboten. Doch Kindern blieben diese Andachten oft fremd und unverständlich. Zudem hatten sie noch kein Gefühl für die Zeit, die bis Weihnachten noch blieb. So begann man Mitte des 19. Jahrhunderts, diese Zeit für sie greifbarer zu gestalten. Die Familien hängten im Advent nach und nach 24 Bilder an die Wand oder ans Fenster, jeden Tag einen, oder malten 24 Kreidestriche an einen Türpfosten – die Sonntage länger und farbiger -, von denen die Kinder jeden Tag einen wegwischen durften. Es gab noch viele andere Möglichkeiten: Evangelische Familien hängten 24 Fähnchen und Sternchen mit jeweils einem Bibelspruch nach und nach an kleine Adventsbäumchen, in katholischen Familien legten die Kinder täglich für eine gute Tat ein Strohhälmchen in die noch leere Krippe, damit das Christkind zu Weihnachten möglichst weich liege. In Österreich kannte man die „Himmelsleiter'“ mit 24 Sprossen, auf denen das Christkind nach und nach auf die Erde herunter kam, im winterlich dunklen Skandinavien brannte im Advent eine Kerze, die in 24 Abschnitte unterteilt war, von denen jeden Tag einer abbrennen durfte. Gegen Ende des 19. Jh. – vielleicht nicht zufällig als im Zuge der Eisenbahnentwicklung „getaktete Zeit“ immer bestimmender wurde und eine einheitliche gesetzliche Uhrzeit die vielen verschiedenen Ortszeiten verdrängte – kamen die „Adventsuhren“ auf, mit 24 Stunden darauf, auf denen die Kinder täglich den Zeiger entsprechend eine Stunde weiter schieben konnten, bis „um 24 Uhr“ das Christkind kam.

Auch der Adventskranz, der 1839 in einem Waisenhaus in Hamburg entstanden sein soll, war eigentlich ein Adventskalender. Er bestand aus so vielen Kerzen wie der Advent Tage hatte, wobei die Kerzen für die Sonntage dicker und rot waren. Jeden Tag wurde eine Kerze angezündet. Da der Kranz mit dem wachsenden Licht aber wegen der vielen Kerzen groß und unpraktisch (und auch gefährlich) war, blieb schließlich nur noch ein kleinerer Kranz mit vier großen roten Kerzen für die vier Adventssonntage übrig, die mit dem wachsenden Licht die freudige Spannung auf das Kommen Christi symbolisieren sollten. Es ist bis heute eines der schönsten und beliebtesten Symbole für den Advent geblieben.

Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden die ersten gedruckten Adventskalender, zunächst als Adventsuhren, später in allen möglichen Varianten, mit Fensterchen oder Türchen, mit und ohne Schokolade, als Papphäuschen oder wie auch immer. Der schwäbische Buchhändler und Verleger Gerhard Lang (1881-1974) war an dieser Entwicklung maßgeblich beteiligt. Die noch heute gebräuchlichen Formen führen auf ihn zurück. Sein Erfolg war aber so groß, dass er den Vertrieb einstellen musste, nachdem sich der Adventskalender-Brauch immer mehr verbreitet hatte und die Konkurrenz zu groß geworden war.

Ein trauriges Kapitel in der Geschichte des Adventskalenders ist die Entfernung von christlichen Inhalten in der Zeit des Nationalsozialismus. Die NSDAP verbot 1941 die kirchliche Presse und ließ einen eigenen „Vorweihnachtskalender“ produzieren und verteilen, über den sie eigene Propaganda in die Kinderzimmer schleuste. Die Adventszeit sollte komplett umgedeutet, sämtliche christlich-religiösen Elemente entfernt und mit Inhalten der neuen Ideologie besetzt werden. Der Adventskranz wurde zum Sonnenwendkranz, das Christkind zum Lichtkind. Statt Advent hieß es nun Vorweihnachtszeit und der hl. Nikolaus musste dem Schimmelreiter Platz machen, den man mit dem Gott Wotan verband. (Der „Weihnachtsmann“ lässt grüßen!)

Nach dem Krieg wurde diese Entwicklung weitgehend rückgängig gemacht, zumindest die Nazi-Ideologie verschwand zum Glück komplett aus den Adventskalendern. Doch leider erleben wir heute eine weitere Welle gezielter und fast schon aggressiver Entfernung von allen christlichen Inhalten aus Adventskalendern, die eigentlich schon keine mehr sind. In christlichen Kreisen aber ist der ursprüngliche Brauch als Vorbereitung auf Weihnachten lebendig geblieben.

Kein Wunder, dass inzwischen auch die Online-Welt die Adventskalender für sich entdeckt hat! Da im Internet mit seiner überwältigenden Bilderflut bloße Bildchen langweilig sind und auch Schokolade nicht geht, rückt die Besinnung wieder mehr in den Vordergrund – durch Texte, Musik, Gedichte und Gebete. Das hat den Brauch des Adventskalenders noch einmal bereichert und auch für Erwachsene attraktiv gemacht.

Diesem Brauch schließen wir Schwestern uns erstmals an mit einem eigenen Online-Adventskalender. Die jeweiligen Impulse werden am entsprechenden Tag automatisch freigeschaltet.

Wir wünschen viel Segen auf dem Weg nach Bethlehem!

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